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BAUKASTEN Hund - Die Gelenke

  • von Lilli Nastl
  • 24 März, 2021

Wir haben schon von den Knochen und der Muskulatur gehört, die für die Fortbewegung des Hundes nötig sind. Damit aber die Muskulatur den Knochen-Apparat bewegen kann, sind Verbindungen zwischen den knöchernen Anteilen nötig. Diese Verbindungen werden durch Gelenke hergestellt.

Ein Gelenk ist also das Zusammentreffen von 2 oder mehreren Knochen, das je nach seiner Form auch verschiedene Bewegungen zulässt.

Man kann prinzipiell 2 Arten von Gelenken unterscheiden:
-)         die „echten“ Gelenke       (bilden einen Gelenkspalt)
-)         die „unechten“ Gelenke  (ohne Gelenkspalt)

Treffen lediglich 2 knöcherne Gelenkpartner aufeinander, sprechen wir von einem einfachen Gelenk, bei mehreren Gelenkpartner (z.B. 3 im Kniegelenk) von einem zusammengesetzten Gelenk.

STRUKTURELLER AUFBAU EINES ECHTEN GELENKS

Knochen

Wie schon erwähnt, braucht ein Gelenk mindestens 2 Knochenanteile.

Der in meiner Grafik oben befindliche Knochen hat eine konvexe (= nach außen gewölbte) Gelenkfläche, der unterhalb befindliche Knochen eine konkave (= nach innen gewölbte).
Der konvexe Teil bildet den Gelenkkopf, der konkave Teil die Gelenkpfanne.

Im Idealfall passen diese beiden knöchernen Anteile zusammen, wenn nicht, braucht es einiger ausgleichender Strukturen (dazu später etwas mehr).

Da Knochen auf Knochen eine eher raue, ruppige Bewegung bedeuten würde, braucht es……

Knorpel

Der Gelenkknorpel ist ein hyaliner Knorpel und überzieht beide knöchernen Anteile. Er besteht zu ca. 70 – 80 % aus Wasser, der Rest sind feste Bestandteile (Kollagen, Mineralien etc.)
Seine Hauptaufgabe liegt einerseits darin, eine möglichst reibungslose Bewegung zu gewährleisten und andrerseits die knöchernen Anteile vor Abrieb zu schützen, er unterstützt aber auch zum Teil die Stoßdämpfung.

Der Knorpel ist nur maximal wenige mm dick, besteht jedoch trotzdem aus 4 verschiedenen Schichten:
1) die oberflächliche Schicht reduziert die Reibungskräfte während einer Bewegung, fängt die Scherkräfte ab und hat die höchste Wasserbindungskapazität
2) die mittlere Schicht produziert die primäre Grundsubstanz
3) die tiefe Schicht absorbiert Kompressionskräfte, z. B. beim Landen nach dem Sprung
4) die kalzifizierte (verknöcherte) Schicht verbindet den Knorpel mit dem Knochen, den er überzieht und stabilisiert somit den gesamten Gelenkknorpel

Nun wäre es natürlich nicht sehr förderlich, würden die Knorpel bei Bewegung aneinander reiben. Darum hat sich die Natur etwas einfallen lassen und dafür gesorgt, dass auch diese beiden Strukturen nicht direkt aneinander liegen. So finden wir einen …

Gelenkspalt mit Gelenkschmiere

Der Gelenkknorpel hat keine eigene Versorgung durch Blutgefäße, aber dennoch muss er irgendwie ernährt werden, um gesund zu bleiben.
Dies geschieht durch die Gelenkschmiere (Synovia), die sich im Gelenkspalt befindet, und zwar mittels Be- und Entlastung.

Ihr könnt Euch das wie bei einem Abwasch-Schwamm vorstellen: Drückt man den Schwamm in einem Topf mit Wasser aus, presst man damit das im Schwamm befindliche Wasser aus dem Schwamm, lässt man den Schwamm los, saugt er sich wieder mit Wasser voll.
Beim Knorpel ist es dasselbe Prinzip: Wird er belastet, wird die Flüssigkeit aus dem Knorpel herausgepresst, lässt die Belastung nach, saugt der Knorpel die Flüssigkeit mit ihren Nährstoffen wieder in sich hinein.

Die Synovia übernimmt also einerseits die Ernährung des Knorpels, andrerseits dient sie auch der Reibungsminimierung und der Stoßdämpfung im Gelenkspalt bei Bewegung.

 

Diese bis jetzt beschriebenen und auch noch andere im Gelenk befindlichen Strukturen müssen nun luftdicht abgeschlossen werden, und dies geschieht durch die…..

Gelenkkapsel

Sie geht an den Außenrändern eines Gelenks aus der Knochenhaut (Periost) hervor und umschließt die Gelenkhöhle.

Die Gelenkkapsel weist 2 Schichten auf:

-) die äußere  Schicht (Membrana fibrosa)
Sie besteht aus straffem Bindegewebe und gibt dem Gelenk die nötige Stabilität. Auch sind manche Endsehnen von Muskeln, wie z.B. dem Biceps, mit der Gelenkkapsel verwachsen und unterstützen damit diese in ihrer Funktion. 

-) die innere Schicht (Membrana synovialis)
Sie ist gut durchblutet , besitzt viele Lymphgefäßen und bildet in Richtung Gelenksspalt viele kleine Zotten zur Oberflächenvergrößerung. Sie produziert die Synovia und gibt diese in den Gelenkspalt ab.

Die Kapsel ist reich an Rezeptoren, die einerseits die Stellung des Gelenks im Raum an das Gehirn übermitteln und andererseits auf unterschiedlichste Reize, wie z.B. Überdehnung, reagieren.

Um die Gelenkkapsel in ihrer Funktion der Gelenkstabilisierung zu unterstützen gibt es noch zusätzlich die…

Gelenkbänder

-) die sog. Führungs- oder auch Hemmungsbänder liegen meist außerhalb der Kapsel und beschränken den Umfang einer Bewegung

-) die Verstärkungszüge sind in der Gelenkkapsel eingelagert und unterstützen die Kapsel selbst

-) intraartikuläre Gelenkbänder verlaufen direkt durch den Gelenkspalt innerhalb der Kapsel, sie halten quasi die knöchernen Gelenksanteile beisammen und beschränken damit ebenfalls das Bewegungausmaß (z.B. Kreuzbänder im Kniegelenk)

Zusätzliche Strukturen

Menisken
Oft passen die knöchernen Gelenkanteile nicht so richtig zusammen. Um diese Inkongruenz auszugleichen, finden wir z.B. im Knie die Menisken. Diese dienen aber auch der Stoßdämpfung und verhindern nebenbei auch noch ein Einklemmen der Gelenkkapsel im Gelenkspalt bei Bewegung.

Bandscheiben
Sie liegen in der Wirbelsäule zwischen den einzelnen Wirbelkörpern. Sie übernehmen als druckelastische Polster die Stoßdämpfung, ermöglichen aber auch einen gewissen Bewegungsumfang.


„Unechte“ Gelenke

Der Unterschied zu den „echten“ Gelenken liegt darin, dass diese Gelenke keinen Gelenkspalt bilden. Dennoch stellen sie eine Verbindung von Knochenanteilen dar.

Diese Verbindungen können aus verschiedenen Geweben bestehen:
-) knöchern:   z.B. die Knochennähte am Schädel
-) knorpelig:   z.B. Brustbein, Beckensymphyse
-) bindegewebig:       z.B. Kreuzbein-Darmbein-Gelenk

Formen

Bei so vielen Knochen im Hundekörper lassen sich natürlich auch verschiedenste Formen von Gelenken finden, um so die unterschiedlichsten Bewegungen zu ermöglichen.

Die wichtigsten Formen:          
-) Scharniergelenk      (Ellbogen)
-) Sattelgelenk             (Zwischenzehengelenke)
-) Kugelgelenk             (Hüftgelenk)
-) Schlittengelenk          (Kniescheibengelenk)

Wir können die Gelenke aber auch nach ihrer Bewegungsmöglichkeit unterscheiden:
-) 1-achsig:     -) Scharniergelenk     (Ellbogen)
-) 2-achsig:     -) Sattelgelenk             (Zehenknochen)
-) vielachsig:   -) Kugelgelenk            (Hüftgelenk)

Läuft wie geschmiert

Es ist wie bei einer viel genutzten Tür – wenn ich die Türangeln nicht instandhalte, beginnen sie zu quietschen und bei Bewegung zu ruckeln.
Genauso kann man sich das bei den Gelenken im Lebewesen vorstellen – auch sie gehören bewegt und gut gewartet, damit sie bis ins hohe Alter problemlos funktionieren.
Während ich aber bei einer Tür erst dann reagieren muss, wenn sie beim Öffnen quietscht, ist es bei den Gelenke unserer Hunde sinnvoll, von Anfang an auf eine gute „Wartung“ und „Instandhaltung“ zu achten.

So wissen wir ja mittlerweile, dass die Knorpel nur dann gut ernährt werden, wenn sie in einem gesunden Ausmaß belastet werden. Das bedeutet vereinfacht gesagt: Bewegung hält den Knorpel jung.

Dasselbe gilt für die Gelenkflüssigkeit. Sie neigt dazu, bei Unbeweglichkeit zu verdicken und somit eine reibungslose Bewegung nicht mehr gewährleisten zu können. Außerdem kann sie in verdickter Form auch den Knorpel nicht genügend ernähren. Ihre Viskosität wird also durch Bewegung aufrecht erhalten.

Auch alle anderen Gelenkstrukturen brauchen Bewegung, um „gut geschmiert“, also funktionsfähig zu bleiben.
Inaktivität kann sich fatal auf die gesamten, für Bewegung wichtigen Strukturen auswirken. (Knochen, Muskeln, Gelenke)

Auch wenn unsere Hunde aus gutem Grund ruhiggestellt werden müssen, z.B. aufgrund einer Verletzung, macht es Sinn, alsbald zumindest die Gelenke mit passiven Bewegungsübungen zu „trainieren“, um ihre Beweglichkeit zu erhalten. Das gehört allerdings in die Hände von erfahrenen Tierärzten, Bewegungstrainern oder Tierphysiotherapeuten.

 

Vor zu großer Belastung wird wie immer an dieser Stelle natürlich auch gewarnt! Übertriebene Belastungen führen z.B. zu einem vorzeitigen Knorpelabbau oder tragen auch das Risiko mit sich, die Gelenkkapsel, die Gelenkbänder, die Menisken im Knie oder die Bandscheiben in der Wirbelsäule zu schädigen.

Es ist wie immer eine Frage des Trainings und vor allem des Mittelmaßes!

 

In diesem Sinne wünsche ich Euch und Euren Fellnasen: Bleibt gut geschmiert!
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