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Ach Du Schreck - ein Zeck!

  • von Lilli Nastl
  • 17 Apr., 2020

Der unbeliebte Gast

Bei den warmen, ja geradezu sommerlichen Temperaturen, die schon im März und jetzt im April vorherrschen, drängt es uns natürlich mit unseren Hunden ins Freie. Aber nicht nur wir sind aktiv, sämtliche andere Lebewesen sind es auch – und so auch die unbeliebte Zecke!
Dank der vergleichsweise milden Temperaturen im Winter startete die Zeckensaison heuer schon sehr früh, da diese Spezies bereits bei Temperaturen ab 7 – 8°C aktiv wird. Ich konnte schon im Februar die erste krabbelnde Zecke vom Schlumpfenbär (ja, so heißt er nun mal, der Kater :)) entfernen.

Aber so „grauslig“ Zecken sind, so faszinierend sind sie auch in einer gewissen Weise. Ich staune immer wieder, was die Natur so alles bereithält.

In unseren Breitengraden ist vor allem der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) bekannt. Er gehört wie auch die Auwaldzecke (Dermacentor reticularis) zur Familie der Schildzecken. Ein weiterer Vertreter dieser Familie und leider immer öfter in unseren Breitengraden anzutreffen ist die Braune Hundezecke (Rhipicephalus sanguineus).

WAS MACHT DEN UNTERSCHIED?

Das Männchen des Gemeinen Holzbocks trägt ein schwarzes unbewegliches Rückenschild, einen Chitinpanzer, der den gesamten Rücken umfasst. Das Weibchen besitzt ebenfalls dieses Schild, aber nur im vorderen Bereich des Körpers. Der hintere Bereich ist weich und dehnbar, trägt eine graue bis rotbraune Färbung und ist aufs 120fache an Volumen vergrößerbar während einer Blutmahlzeit.
Die Auwaldzecke unterscheidet sich durch ein weißlich-marmoriertes Rückenschild, sie ist auch etwas größer als der Gemeine Holzbock.
Die Braune Hundezecke hat eine allgemein rötlich-braune Färbung, die Beinpaare sind ebenfalls braun, sie ist die kleinste unter den genannten Zecken. Sie befällt bevorzugt Hunde.

Zecken gehören zu den Spinnentieren, zur Untergruppe der Milben. Sie besitzen 4 Beinpaare, also 8 Beine, und brauchen einen Wirt, um zu überleben.
Und hier beginnt auch schon das Problem, denn die Wirtorganismen sind u.a. wir und unsere Hunde!

 

VOM EI ZUR ZECKE

Das vom Muttertier abgelegte, befruchtete Ei entwickelt sich zur Larve. Diese ist weichhäutig, geschlechtslos und mit bloßem Auge kaum bis gar nicht erkennbar. Außerdem hat die Larve lediglich 6 Beine. Sie befällt kleinste Nagetiere und startet ihre erste Blutmahlzeit. Danach verlässt sie diesen Wirt und zieht sich zur 1. Häutung zurück, in der sie sich in einer mehrwöchigen Reifezeit zur Nymphe entwickelt.
Diese hat nun 8 Beine, ist ebenfalls noch geschlechtslos, aber bereits doppelt so groß. Sie befällt nun für die nächste Blutmahlzeit Vögel, Eichhörnchen, Füchse oder auch den Menschen, lässt sich danach wieder fallen und geht durch die 2. Häutung in die nächste Entwicklungsstufe zur erwachsenen Zecke über. Hier besteht dann auch die Geschlechtertrennung.
Die männlichen Zecken sind in der Regel kleiner als ihr weibliches Gegenstück, nach der Befruchtung des Weibchens sterben sie. Das Weibchen verendet nach der Eiablage – und so schließt sich der Kreis.

NA DANN … MAHLZEIT!

Bevor sich eine Zecke eine Mahlzeit gönnt, muss noch ein geeigneter Wirt gefunden werden. Dafür nutzt das Tier ein ganz spezielles Werkzeug, das auf dem letzten Segment des 1. Beinpaares sitzt.
Das „Haller´sche Organ“ reagiert gemeinsam mit anderen Sinnesorgane auf chemische, physikalische und thermische Reize der Außenwelt. So kann die Zecke Kohlendioxid aus der Ausatmenluft des Wirtes, Ammoniak aus dem Urin, Milchsäure oder Buttersäure aus der Schweißsekretion des künftigen Wirtes wahrnehmen. Empfängt die im Gras lauernde Zecke diese Substanzen, ist das quasi der Startschuss für den Befall des vorbeikommenden Wirtes.

Nach der Landung auf dem Wirt sucht sich die Zecke einen geeigneten Platz für ihre Mahlzeit – vorzugsweise dort, wo die Haut verhältnismäßig dünn ist, da sie mit ihren vorne „am Kopf“ sitzenden Schneidewerkzeugen zunächst mal die Hautoberfläche aufritzen muss, um danach ihr „Saugrohr“ (Hypostoma) in die Haut einführen zu können.
Nach dem erfolgten Einstich wird ein Sekret in die Wunde abgesondert, das einerseits die Blutgerinnung hemmt, um einen guten Blutfluss während der Mahlzeit zu gewährleisten, und andrerseits Entzündungsreaktionen an der Einstichstelle unterdrückt und das Schmerzempfinden des Wirts betäubt.
Bleibt eine Zecke auf ihrem Wirt unentdeckt, kann sie sich ausgiebigst ihrer Mahlzeit widmen, die bekanntermaßen einige Tage dauern kann. Ist die Zecke vollgesogen, lässt sie sich von selbst fallen und zieht sich für die Eiablage zurück.

Die Zeitspanne des Saugaktes birgt eine gewisse Gefahr, denn je länger sie andauert, desto größer ist das Risiko einer Übertragung von Krankheitserregern, die sich in der Zecke befinden und die eine gewisse Zeit benötigen, um aktiv zu werden und von der Zecke in den Wirt überzugehen. Im Wirt selbst – in diesem Fall in unseren Hunden – lösen diese Erreger Erkrankungen aus, die wir teilweise schon lange kennen, wie z.B. die FSME oder auch die Borreliose, aber auch Krankheiten, die bis vor gar nicht allzu langer Zeit noch als sogenannte „Reisekrankheiten“ galten, heutzutage aber schon in unseren Breitengraden Fuß gefasst haben.

  • Eine davon ist die Babesiose, auch als Hundemalaria bekannt, die entweder von der Auwaldzecke (Babesia canis canis) oder von der Braunen Hundezecke (Babesia canis vogeli) übertragen wird.

Die Erreger (Babesien) sind Einzeller, die erst durch die Reizung des Nervensystems der Zecke während des Saugaktes aktiviert werden, in die Speicheldrüsen der Zecke einwandern, über den Zeckenspeichel auf den Hund übertragen werden und dort die roten Blutkörperchen befallen und sich darin vermehren. Dadurch werden die Blutzellen zerstört, die freigesetzten Erreger können andere, noch intakte rote Blutkörperchen befallen.

Die Zeit zwischen dem Anheften der Zecke und dem Übertragen der Erreger wird mit ca. 48 – 72 Stunden, die Zeit zwischen Infektion und Auftreten erster Symptome (Inkubationszeit) mit 5 Tagen – 3 Wochen angegeben.

Die Symptome sind vielfältig und reichen von anfänglich gestörtem Allgemeinbefinden, Fieber, Fressunlust bis hin zu Blut im Harn aufgrund der zerstörten roten Blutkörperchen und in schwersten Fällen Leber- und Milzvergrößerungen, epileptiforme Anfälle oder Lähmungen.

  • Eine andere, immer häufiger auftretende Erkrankung ist die Ehrlichiose, bei der verschiedene Erreger der Ordnung Rikettsien die weißen Blutkörperchen des Wirts befallen.

Eine Form davon ist die Canine Monozytäre Ehrlichiose (CME).
Der Erreger dieser Erkrankung ist ein Bakterium namens Ehrlichia canis, das vor allem von der Braunen Hundezecke übertragen wird und die Monozyten und Lymphozyten befällt. Deren Funktion in der Immunabwehr wird dadurch schwer in Mitleidenschaft gezogen.
Die Übertragungszeit ist mit ca. 3 Stunden angegeben und somit sehr kurz, erste Anzeichen der Infektion treten nach ca. 3 Wochen auf.
Die Erkrankung verläuft in mehreren Phasen. Nach einer Akut-Phase mit Symptomen wie Fieber, Abgeschlagenheit, Augen/Nasenausfluss oder Lymphknoten-Schwellung tritt nach ca. 2 – 4 Wochen eine subklinische Phase ein, die sich symptomfrei zeigt. Kann der Organismus des Hundes in dieser Zeit die Erreger nicht eliminieren, folgt (möglicherweise erst nach Jahren) die chronische Phase mit eventuellen Einblutungen in Organoberflächen, Ödeme, Blutarmut, Milzvergrößerung etc.

Eine andere Form ist die Canine Granulozytäre Ehrlichiose, der Unterschied zur CME liegt im Erreger (Anaplasma phagocytophilum), im Überträger (Gemeiner Holzbock) und in den befallenen Blutzellen, nämlich den Granulozyten der weißen Blutkörperchen. Deren Funktion besteht ebenfalls in der Immunabwehr.

Auch die Braune Hundezecke kann Anaplasmen übertragen, nämlich den Erreger Anaplasma platys, der wiederum die Blutplättchen (Thrombozyten) im Wirt befällt, die für die Blutgerinnung zuständig sind. (Canine Cyclische Thrompzytopenie)

Sollte Euer Hund erste Anzeichen wie Müdigkeit, Unlust oder auch Fieber oder geschwollene Lymphknoten zeigen, die Ihr Euch nicht erklären könnt, denkt bitte auch an die Möglichkeit eines unbemerkten Zeckenbisses. Der Tierarzt kann über Bluttest, Erregernachweis und andere Untersuchungen eine Diagnose stellen und eine geeignete Therapie einleiten.

BLEIB WEG, DU ZECK!

Das Effektivste, unsere Hunde vor Zeckenbissen zu schützen, ist jedenfalls ein genaues Absuchen unserer Lieblinge und Entfernen von Zecken nach jedem Aufenthalt im Freien!!!

Die Schulmedizin bietet eine Reihe von Zeckenschutzmittel in Form von Halsbändern, Spot-on-Präparaten und auch zur oralen Einnahme an. Sie wirken entweder abwehrend (repellierend), d.h. die Zecke will erst gar nicht auf den Wirt und schon gar nicht ihn beißen, oder abtötend – dazu muss sich die Zecke allerdings erst festsaugen, um das Gift aufzunehmen und daran zu verenden.
Stimmen gegen diese Art der Prophylaxe werden immer lauter, noch dazu, wo manche Mittel im Verdacht stehen, schwer gesundheitsschädigend für den Hund zu sein. Aber ehrlich gesagt, bevor man seinen Hund dem Risiko aussetzt, an einer schweren, durch Zecken übertragenen Infektion zu erkranken, sollte man sich den Einsatz dieser Mittel doch überlegen, vor allem, wenn eine Reise in Risikogebiete geplant ist. Eine Beratung mit dem Tierarzt Eures Vertrauens ist da durchaus sinnvoll, er kann Euch auch über Präparate mit natürlichen Inhaltsstoffen informieren, die es mittlerweile am Markt gibt.

Natürlich gibt es auch eine Reihe von alternativen Möglichkeiten, seinen Hund vor Zecken(bissen) zu schützen.

Kokosöl erfreut sich dabei großer Beliebtheit. Aufs Fell des Hundes aufgetragen soll es durch die enthaltene Laurinsäure die Zecken davon abhalten, überhaupt „auf den Hund kommen“ zu wollen.

Meine eigenen Erfahrungen sind dahingehend durchaus positiv. Einer meiner lieben Gasthunde – ein großer Blonder, 35 kg schwer, das Fell recht rau – präsentierte sich nach einem Spaziergang in einem nahegelegenen Wald als richtige Zeckenfalle. Schon vorm Einsteigen ins Auto entfernte ich an die 25 Stück von seinem Fell, daheim ungefähr ebenso viele, am nächsten Tag immer noch an die 10, teilweise schon festgesaugt, teilweise noch auf der Suche nach einer geeigneten Bissstelle. Also startete ich einen Versuch, verteilte großzügig Kokosöl über sein Fell und fuhr wieder in den Wald. Ihm schien es nichts auszumachen und das Auto duftete herrlich nach Kokoskuppeln.

Fazit: Nach diesem Spaziergang waren es nur mehr ganze 5 Zecken, die auf seinem Fell krabbelten.
Die Frage, ob es nun am Kokosöl liegt oder daran, dass er am Vortag schon sämtliche Zecken eingesammelt hatte, bleibt hier unbeantwortet :)

Kokosöl wird aufgrund seiner gesundheitsfördernden Wirkung auch zur inneren Einnahme empfohlen, allerdings hat das keinerlei Effekt auf die Zeckenabwehr.


Das zum Teil hochgepriesene Schwarzkümmelöl ins Futter gemischt möchte ich als Zeckenabwehr nicht empfehlen. Von einer Dauergabe, wie es in der Zeckensaison nötig wäre, ist dringend abzuraten, da das Öl auf Dauer lebertoxisch wirkt. Zur Gesundheitsunterstützung kann man es durchaus kurweise für 3 Wochen und in kleinsten Dosen (tröpfchenweise) verabreichen.
Äußerlich angewendet – 2-4 Tropfen auf ein Halstuch – kann man es als Zeckenschutz durchaus versuchen.

Knoblauch hat eine bekanntermaßen gesundheitsfördernde Wirkung. Allerdings verträgt der Hund nur eine geringe Dosis (0,3g/kg Körpergewicht pro Woche), ob dabei eine zeckenabwehrende Wirkung eintritt, kann ich nicht beurteilen. Und die Geruchsfrage muss sowieso jeder für sich beantworten.

Bierhefe ist für Haut, Fell und Verdauung von Vorteil und soll das Hautmilieu dahingehend verändern, dass es für Zecken unattraktiv wird.

Kräuterzusätze im Futter (z.B. Rosmarin) arbeiten nach demselben Prinzip.

Ein paar wenige Tropfen ätherische Öle (z.B. Teebaumöl, Lavendel) kann man auf ein Halstuch träufeln und es dem Hund umbinden. Allerdings muss man unbedingt darauf achten, ob es der Hund aufgrund seiner Geruchsempfindlichkeit überhaupt akzeptiert.

Über Alternativen wie EM-Keramik und Bernsteinketten bildet Euch bitte selbst ein Urteil. Eine Wirkung kann ich hier weder bestätigen noch dementieren.

 

Das Wichtigste ist jedenfalls, unsere Hunde vor Zeckenbissen und deren etwaigen Folgen so optimal wie möglich zu schützen – Möglichkeiten gibt es derer genug! Der Spezies Zecke entkommen wir nun mal nicht, deshalb ist Vorsorge und Schutz unerlässlich!

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